Donnerstag, 17. Juli 2014

Vom Regenwald ins Hochgebirge - Eine Reise durch British Columbia 2014 (Photos gibt es hier)
Im Juni sind wir mit unserem kanadischen Camper von Canmore über Vancouver, Vancouver Island, die Inland Passage, Prince Rupert, Dawson Creek, Edmonton und Rocky Mountain House wieder nach Canmore gefahren. Wir waren ziemlich genau einen Monat unterwegs, haben 6.200 km zurückgelegt und die unterschiedlichsten Landschaftsformen (Meer, Hochgebirge, Prärie) erlebt.
Überrascht hat uns die Zahl der Wildtiere: 9x Schwarzbären (davon zweimal eine Mutter mit 2 Kleinen), mehrfach Dickhornschafe, Moose, viele Dear (Reh-Art), Koyoten, Wale, Delphine, Seelöwen, Seehunde, Weißhttp://www.cs-reisemobile.de/cs-reisemobile.htm#startkopf-Seeadler, einen Biber und einen Otter, um nur einige Tierarten zu nennen.
Wenn Ihr Lust habt, kommt doch mit auf die Reise.
Gestartet sind wir am 3.6. in Canmore zu dritt, da uns Christas Schwester Gerlinde bis Vancouver begleitet hat. Wir sind relativ flott über die Kootenays, Invermere und Revelstoke nach Kelowna gefahren, wo wir am 5.6. mittags angekommen sind. Trotzdem blieb genug Zeit, um in dem Thermalschwimmbad in Radium Springs zu baden und die fantastische Berglandschaft zu bewundern. Ein Highlight war eine Herde Dickhornschafe beim Campingplatz des Nationalparks bei Invermere und eine Bärenmutter mit 2 Kleinen, die friedlich am Straßenrand Löwenzahn vertilgten.
In Kelowna haben wir dann unseren Sohn Philipp und seine wirklich nette Freundin Shanna getroffen. Anlass der Reise war nämlich Philipps Convocation (Examensfeier) am 6.6. an seiner Uni in Kelowna. Die Zeremonie selbst war ausgesprochen feierlich mit all den jungen Leuten und den Professoren in ihren Roben. Davor und danach wurde natürlich mit Philipps Studienfreunden heftig gefeiert. Nach zwei sehr schönen Tagen mussten die jungen Leute zurück zu ihren Jobs und wir fuhren weiter nach Vancouver. Es ging durch das Okanagen-Valley und Summerland. Die Gegend trägt ihren Namen zu Recht. Es liegt klimatisch sehr geschützt und ist die Riviera Kanadas. Überall wird Wein (zum Teil sehr gut!) und Obst und Gemüse angebaut. Der südlichste Teil des Tales gilt als der nördlichste Ausläufer der Sonora-Wüste mit entsprechender Flora und Fauna (jedenfalls dort, wo die Obstplantagen noch Platz für ursprüngliche Natur gelassen haben).
Fährt man Richtung Vancouver, kommt man über endlose Steigungen sehr schnell wieder in die dicht bewaldete Berglandschaft der Rocky Mountains. Es gibt immer wieder Clearcuts, wo Holz geerntet wird, aber sonst nur grandiose Natur und sehr wenige Teerstraßen. Wenn man will (und ein entsprechend stabiles Auto hat, Mietwagen dürfen da nicht hin), kann man praktisch in ganz BC die Landschaft abseits der Teerstraßen auf unbefestigten Forestry Service Roads erkunden, z.T. sind die Strecken mehrere Hundert Kilometer lang. Erstaunlich häufig werden vom Forestry Service oder in privater Initiative an besonders schönen Stellen kleine, unbewirtschaftete einfache Camps mit Tisch, Feuerstelle, Plumpsklo und Wasser aus Fluß oder See angelegt. Meist sind da auch rustikale Wanderwege.  Es gibt eine Kartenreihe mit Führer (Backroad Mapbook), in der alle Nebenwege, Wanderwege und Camps eingezeichnet sind. Diese Mapbooks sind unverzichtbar, wenn man etwas abseits unterwegs sein möchte. Sie gibt es bei Canadian Tire oder guten Camping Ausrüstern, aber jeweils nur für die eigene Region. Zusätzlich gibt es kostenlos bei den Tourist Infos die blau-weißen Provincial Parks Maps and Visitor Guides für alle Regionen von BC.
Da wir schon öfter in dieser Gegend waren und Christas Schwester am 8.6. wieder nach zurückfliegen musste, sind wir diesmal ziemlich flott nach Vancouver gefahren. Gewohnt haben wir dort in dem historischen Sylviahotel direkt an der English Bay (da wollten wir immer schon hin). Im Schnelldurchgang haben wir Gerlinde Highlights von Vancouver gezeigt. Vancouver ist immer eine Reise wert. Nachdem wir Gerlinde dann an den Flughafen gebracht hatten, gab es keine Terminvorgaben mehr und wir haben 2 Gänge zurückgeschaltet. Wir haben noch Freunde zum Picknick am der Bucht von Vancouver getroffen und sind dann gemütlich Richtung Vancouver Island aufgebrochen.
Erste Station war Victoria ganz im Süden. Victoria ist die Hauptstadt von British Columbia, und wegen des milden Klimas auch Wohnort  wohlhabender Rentner. Es ist eine nette, etwas verschlafene Stadt, die von Beamten, Rentnern, Studenten und Touristen lebt.
Wir sind insgesamt fast 2 Wochen auf Vancouver Island geblieben und haben die wilde Pazifikküste  mit den dschungelartigen Regenwäldern und fantastischen Stränden genossen. Allerdings ist das Wasser, jedenfalls Anfang Juni, zu kalt zum Baden und das Klima ist ziemlich rau und feucht (wie sollte es sonst Regenwald mit bis zu 70m hohen Bäumen geben?).
  Natürlich haben wir eine Whale Watching Tour gemacht und auch tatsächlich 2 Grauwale blasen sehen. Aber außer einer Dampffontäne von der Atemluft  und einem grauen Rücken sieht man von den Walen nicht viel. Spannender waren da schon die Seelöwenkolonien und die Weißkopf-Seeadler (Bald Eagle). Ein Highlight war die Fahrt über fast mehrere hundert Kilometer z.T. rauer Schotterstraße (für Mietwagen gesperrt) nach Bamfield. Dort hatte Philipp letztes Jahr am Marine Science Center studiert und uns von der Schönheit der Landschaft und den Fjorden vorgeschwärmt. Er hatte Recht.
 Die Pazifikküste um Tofino ist touristisch gut entwickelt, aber in der Vorsaison noch gut erträglich. Im Juli/August mag das anders sein. Der Rest der Küste ist wenig bis gar nicht erschlossen und, wenn überhaupt, auf Fernwanderwegen (sehr rau, Mehrtagestour) oder auf Forest Service Roads erreichbar.
Die zweite Landschaftsform ist das bergige Zentrum mit dem Strathcona Provincial Park. Er ist landschaftlich wunderschön (einer unserer Lieblingsparks) mit hervorragenden Wandermöglichkeiten aller Schwierigkeitsgrade. Die touristische Infrastruktur besteht aus 2 Einfachcamps  (kein Strom, Wasser mit Handpumpe, Plumpsklo) und einer Lodge. Es ist also nicht gerade überlaufen. Dort haben wir einige sehr anstrengende, aber wunderschöne Bergwanderungen gemacht. Da der nächste Ort mit Beleuchtung fast 100 km entfernt ist und man auf über 1.000 m campt, kann man wunderbar die Sterne beobachten (wenn es endlich dunkel wird). Der beste Stellplatz ist der Ralph River Campground, da von dort die Wanderwege gut zu erreichen sind.
Ganz anders im Charakter ist die Ostküste. Sie ist sehr geschützt und wesentlich trockener, als die Westküste, da sie nur eine schmale Meerenge vom Festland trennt und die Berge im Inneren der Insel viel Regen abhalten. Zwischen Vancouver Island und dem Festland gibt es einen Irrgarten an kleinen und großen Inseln mit Fjordküsten, so dass das Meer eher wie ein See wirkt. Hier wimmelt es von kleinen Fischerbooten und man kann Kreuzfahrtschiffe und, wenn man Glück hat, Wale von der Küste beobachten. Durch Empfehlungen von Einheimischen haben wir mehrfach wunderschöne Stellplätze an kleinen Fischerhäfen oder auf Inseln gefunden. In den kleinen Häfen standen 2-3 kleine Wohnmobile direkt am Wasser, sonst waren nur Fischer unterwegs. In Deep Bay haben wir einen Otter beobachtet, leider war es schon zu dunkel für ein Foto. Die größeren Inseln sind mit Fähren erreichbar und, wenn möglich noch verschlafener, als Vancouver Island.
Falls jemand eine ähnliche Tour vorhat, hier die schönsten Stellplätze an der Ostküste: Deep Bay, Kelsey Bay, Regional Park auf Sointula Island.
Langsam mit vielen Fotostops und Wanderungen sind wir bis Port Hardy gefahren, wo wir für den 23.6. die Fähre nach Prince Rupert gebucht hatten. Sie fährt einen ganzen Tag (von 7h morgens bis 11h abends) durch die wunderschöne Fjord- und Insellandschaft der Inland Passage. Auf über 500 km Länge gibt es eine Ansiedlung (Bela Bela), sonst nur Fjorde und Wälder. Wir hatten vor Jahren schon einmal die kürzere Route nach Bela Coola genommen und uns riesig auf die Fahrt gefreut. Leider war das Wetter nur auf dem ersten Teil bis Bela Bela gut, danach hat es aus Kübeln geschüttet. Die Sicht war damit eingeschränkt. Es war immer noch eine sehr schöne Landschaft mit steilen Hängen und grandiosen Wasserfällen, aber  die Bergspitzen der Insel waren in Wolken. Trotz der eingeschränkten Sicht konnten wir Delphine sehen und Wale ahnen.
Kurz vor Mitternacht kamen wir bei immer noch strömendem Regen in Prince Rupert an. Das war also ein normaler Tag für Prince Rupert, wo es 220 Tage im Jahr regnet. Die lokale Wirtschaft hat sich darauf eingestellt. Auch die nächsten Tage, bis wir über die erste Bergkette waren, hatten wir immer mal wieder Schauer. Prince Rupert ist eine kleine Stadt ziemlich am Ende der Welt, die mit ihrem Hafen und etwas Tourismus versucht, zu überleben. Es gibt ein fantastisches Museum der Küstenindianer,  
ein paar nette Häuser am Hafen und in der Nähe eine alte, jetzt als Museum eingerichtete Lachskonservenfabrik (Besuch lohnt sich). Das war‘s.
Wir waren daher schon am Nachmittag auf dem Yellowhead Highway Richtung Osten unterwegs. Die Straße geht durch das wunderschöne Skeena-Tal mit einem ziemlich mächtigen Fluss und steil aufsteigenden Bergen. Sobald wir über den ersten Bergrücken waren, wurde auch das Wetter besser. Außer der wirklich schönen Landschaft hat uns besonders Old Hazelton gefallen. Es ist ein kleines Dorf, das bis zum Bau der Eisenbahn 1914 die Endstation der Dampfschiffe war, die von Prince Ruppert den Skeena-River aufwärts fuhren und das Innere von BC, aber auch die Goldfelder des Yukon und z.T. Alaskas erschlossen. Mit dem Bau der Eisenbahn wurde die Schifffahrt eingestellt und der Ort verfiel in Tiefschlaf, wurde aber nie aufgegeben. Er ist im Wesentlichen noch wie um 1900 und wurde liebevoll restauriert. Die Einwohner (viele Indianer) versuchen sich mit Fischen, Landwirtschaft und den paar Touristen, die sich in diese Gegend verirren, über Wasser zu halten. Da ganz in der Nähe der Steward-Cassiar Highway nach Alaska abzweigt, gibt es sogar ein paar Touristen.  Eine weitere Etappe war Burns Lake, wo wir auf Schotterstraßen das Seengebiet südlich des Ortes erkundet haben und uns auch für einen halben Tag ein Kanu mieten konnten. Außer einer Loon-Familie mit Jungen (Loons sind große Taucher mit einem ganz speziellen Ruf und gehören auf jeden vernünftigen kanadischen See) konnten wir beobachten, wie ein Seeadler einem Osprey (Fischadler, etwa so groß wie ein Bussard) einen Fisch abjagte, den er gerader gefangen hatte. Außerdem haben wir noch nie so viele springende Fische gesehen, die z.T. über einen Meter hoch aus dem Wasser sprangen.
Ab Fraser Lake bis Prince George wurde die bisher so spektakuläre Landschaft eintönig. Den an sich netten Abstecher nach Fort St. James haben wir uns gespart, da ich letztes Jahr einige hundert Kilometer nördlich von Fort St. James mit Philipp eine einwöchige wunderschöne Kanutour auf den Nation Lakes gemacht hatte.
Prince George ist die erste größere Stadt und Versorgungspunkt, niemand bleibt dort länger, als er muss. Die ganze Region leidet unter dem Baumsterben, das von einem Käfer (Pine Beetle) ausgelöst wurde, inzwischen sind ca. 70% der Wälder abgestorben, kein hübscher Anblick!
Von Prince George sind wir dann über mehrere Tage über Chetwynd und Tumbler Ridge nach Dawson Creek gefahren. Wir hatten uns an sich nichts Besonderes versprochen, da der Reiseführer (Lonely Planet BC) zu dieser Strecke kaum etwas meldete. Umso mehr waren wir von der Schönheit der sehr einsamen Mittelgebirgslandschaft mit Flüssen und Seen überrascht. Auf Empfehlung eines Kanadiers haben wir eine wunderschöne, wenn auch sehr anstrengende Tageswanderung an einen Wasserfall gemacht.  Offenbar fand ein Bär den Weg auch schön, denn er hatte nur Minuten vor uns mitten auf dem Weg einen sehr beeindruckenden Haufen hinterlassen und wir konnten ihn auch noch hören. Sowohl der Bär, als auch wir haben aber beschlossen, uns aus dem Weg zu gehen, sodass wir ihn nicht in den Büschen aufgestöbert haben. So neugierig waren wir dann doch nicht.
Trotz Wanderungen ging es dann irgendwann nach Dawson Creek, das sich (nur) dadurch auszeichnet, dass es der Beginn des Alaska Highway ist. Im 2. Weltkrieg war Dawson Creek nämlich der nördlichste Punkt der Eisenbahn und die Amerikaner beschlossen, von dort in 11 Monaten eine Schotterstraße nach Alaska zu bauen. Vorher gab es nämlich keine Landverbindung nach Alaska. Der Highway ist heute längst geteert und wird von Horden (jedenfalls schien es uns so, nach der Einsamkeit der vorhergehenden Wochen) von amerikanischen Rentnern in riesigen Wohnmobilen befahren. Eine alte Holzbrücke, an der wir auch gecampt haben, ist noch erhalten. Dort konnten wir auch zum ersten Mal in aller Ruhe abends einen Biber an Land beim Fressen beobachten. Die Tiere sind überraschend groß. Bisher hatten wir Biber nur im Wasser gesehen. Da wir nur einen kleinen Abendspaziergang am Fluss machen wollten, hatten wir natürlich keine Kamera dabei.
Von Dawson Creek sind wir dann durch langweilige Prärielandschaft nach Edmonton gefahren. Edmonton ist die Hauptstadt von Alberta. Es hat ein paar ganz nette Ecken und die angeblich größte Shopping Mall der Welt (mindestens aber Kanadas) komplett mit Wellenbad und Vergnügungsparks (natürlich alles überdacht, Edmonton hat kalte Winter).
Von Edmonton wollten wir dann direkt nach Hause (Canmore), da wegen des langen Canada Day Wochenendes sowieso alle Parks überfüllt waren. An sich ist das eine 3,5 h Fahrt. Aber nach einiger Zeit auf der belebten und langweiligen Autobahn haben wir beschlossen, einen Umweg von Red Deer über Rocky Mountain House und den Banff-Jasper National Park zu machen. Dieser Umweg hat sich mehr als gelohnt. Die Landschaft zwischen Rocky Mountain House und dem Nationalpark ist spektakulär schön, man fährt auf leerer Straße aus der Prairie, durch die Vorberge langsam in das Hochgebirge mit Gletschern und Pässen um die 2.000m.  Die Gegend ist nur ein paar Stunden von Canmore, einsam, keine Touristen (der Nationalpark ist im Sommer fest in deutscher Hand), mit vielen kleinen einfachen Camps und Wanderwegen. Da werden wir sicher noch einmal hinfahren.
Entsprechend spät sind wir in Canmore angekommen. Am nächsten Tag war Nationalfeiertag und nach dem Auspacken (geht bei dem kleinen Auto schnell) haben wir den Rest des Tages im tiefenentspannten Canmore die Festivitäten genossen.
Fazit: Es war eine sehr schöne, außerordentlich abwechslungsreiche Reise mit vielen Erlebnissen. Außerhalb der Städte ist Kanada schon sehr leer. Nur Logging (Holzwirtschaft) mit entsprechenden Sägewerken und riesigen Sortier- und Lageranlagen gibt es auf Vancouver Island noch Lachsfischerei und auf dem Festland ein paar Bergwerke. Entsprechend klein und rustikal sind die meisten Orte. Man sieht fast nur Pick-up Trucks in Heavy Duty Version, meist schlammverspritzt.
Nach Vancouver und ohne festen Terminplan haben sich Route und Zeitplan (mit dem gebuchten Eckpunkt der Fähre nach Prince Rupert) spontan entwickelt, so wie wir das mögen. Außer einem Reifenschaden (die Reifen sind allerdings schon sehr abgefahren) durch einen scharfen Schotterstein hatten wir keinerlei Probleme. Das Wetter war durchwachsen, feuchte und trockene oder sogar schöne Tage und kalte Nächte haben sich abgewechselt. Nach einem extrem kalten und langen Winter war das Frühjahr in Westkanada ungewöhnlich feucht. In der Vorsaison sind die Nächte allerdings noch kalt, besonders im Gebirge. Außer neuen pistentauglichen Reifen (Grabber at/2) habe ich heute eine Heizung für die Kabine bestellt. Das „Alter“ fordert seinen Tribut…